Verletzter Igel

Unter tags aufgefundene Igel haben immer ein Problem, man sollte sie auch immer auf Verletzungen untersuchen – was manchmal gar nicht so einfach ist. Kleinere Verletzungen am Rücken werden oft übersehen, da die Stacheln kreuz und quer darüber stehen. Mit einer Taschenlampe (eine zweite Person hält den Kopf des Tieres) Rücken begutachten und dabei mit Arbeitshandschuhen Stacheln leicht bewegen zur Hautbesichtigung.

Ohren begutachten: Igel auf den Boden setzen, hinter und versuchsweise in und hinter die Ohren schauen.

Hinkt das Tier – dann ist es klar: eine Pfote ist defekt.

Bauchbegutachtung: das Tier auf ein Handtuch setzen – eventuell warten, bis es Rolle öffnet und die Fluchtreaktion einsetzt – und mit Hilfe einer Zweitperson die seitliche Bauchfalte anheben und mit einer Taschen- oder Stirnlampe Bauch anleuchten. Oder es dem Tierarzt überlassen……

Vermutlich durch Mäher verursachte Wunde

Großflächige Verletzungen:

sind gut sichtbar, weisen meist deutliche oft stinkende Verschmutzungen auf, im schlimmsten Fall Madenbefall.

• Antibiotikum (Baytril 25mg/ml 1,0 ml/kg KG), Schmerzmittel
• Reinigung der Wunde mit physiologischer Kochsalzlösung (500ml, mit Infusionsschlauch auf Wunde laufen lassen), harter Schmutz und eingetrockneter Eiter lösen sich gut, Maden werden abgewaschen bzw abgeklaubt.
• Wundtaschen ebenfalls auswaschen.
• Chlorhexamed (forte oder standard) 1:5 mit Wasser verdünnt (5ml oder 10ml Spritze) auf Wunde - wirkt schmerzstillend und Maden mögen es nicht.

Der uns gebrachte Igel war leider schon 2 Tage zuvor behandelt dann aber wieder freigelassen worden (?!). Als er neuerlich aufgefunden wurde, war die handflächengroße Wunde mit massiv stinkendem Schorf bedeckt und von massenhaft Maden bewohnt, die bereits in die intakte Haut Löcher gefressen hatten. Die Maden und der Schorf ließen sich bei dem sehr geduldigen Igel( Schmerzmittel zusätzlich) in 2 Sitzungen innerhalb eines Tages entfernen, der Geruch verschwand fast, auffällig war jedoch ein großes Loch seitlich am Hals und die etwas auffällige Atmung. Da er nichts fraß, mussten wir ihn füttern, mehr als 40ml waren es aber nicht, dennoch blieb das Gewicht gleich. Am nächsten Tag sah die Wunde sehr gut aus, war trocken, ohne Sekretion.
Nach der Wundversorgung und Fütterung vormittags brachte ich ihn in die Kiste zurück, mittags lag er tot in derselben. Seitlich wanderte eine riesige Made. Vermutlich hatte diese das Loch seitlich am Hals verursacht und war in den Igel eingedrungen.

Es gibt aber auch "versteckte" Verletzungen, die nicht gleich auffällig sind:

Verbrennungen:

sind selten, da die meisten Igel verbrennen mangels weglaufen.

Verbrennung: handflächengroßes Areal am Rücken, mit Betaisodona Flüssig behandelt

Als mir vor Jahren ein untertags auf der Strasse gefundener Igel gebracht wurde, bemerkte ich am Rücken links hinten ein großes Areal, an dem alle Stacheln mit der Haut zu einer Platte verschmolzen waren. Das linke Ohr war angeschmort, das linke Auge blind (Rauch?), die seitlichen Fellhaare gekräuselt und die Igeldame hustete.
2xtägliches Übergießen der Stelle mit Betaisodona flüssig, Antibiotikum (Baytril 25mg/ml 1ml/kg KW 5-6 Tage sc) und Cortison 1xtgl sc verbesserten das Befinden, die verschmorte Platte begann sich zu lösen, die Haut darunter bildete sich langsam nach. An einer Stelle entwickelte sich ein Abszeß, welcher in Kurznarkose vom Tierarzt versorgt werden musste. Auge und Ohr heilten gut, im Lauf der nächsten 2 Wochen sprossen weiße Stacheln aus der nun intakten Haut, lediglich die Abszeßstelle blieb stachelfrei.
Am ersten Tag war noch Fütterung nötig, ab da fraß die Igelin selbst.

Verbrennungsareal nach 4 Wochen: die verschmorte Stachelplatte hat sich abgehoben

Verbrennung nach etwa 8 Wochen

Verbrennung etwa 9 Wochen später – Winterschlafbeginn

Wunden am Bauch, Pfotenverletzungen:

Sind anfänglich nicht wirklich sichtbar.
Igel fällt durch Torkeln, Hinken, Tagaktivität oder "ruhiges Liegen" auf, also durch untypische Verhaltensmuster.

Einmal bekam ich einen Igel, der bereits 5 Tage in einem Garten in der Sonne gelegen war, Augen offen und mit Atmung. Die Gartenbesitzerin hatte ihn fürsorglich mit einer Decke zugedeckt, dennoch lag er weiterhin dort. Also stellte sie ihm etwas Futter und Wasser hin - er blieb weiter liegen und fraß nichts. Sie erkundigte sich in der Umgebung - und brachte ihn dann mir in einer Kiste. Meine Ahnung, dass 5 Tage Wasser- und Nahrungskarenz sowie Stilliegen sehr seltsam für einen Igel sind, bestätigte sich leider. Er machte den letzten Atemzug noch ehe ich ihn aus der Kiste nehmen konnte.
An der Halbrolle war etwas Blut beim Schwänzchen, dann sah ich erst, dass die eine Hinterpfote komplett durchtrennt worden war im oberen Drittel, der Knochen war gut sichtbar, und das abgetrennte Teil hing noch an einem Hautfetzen.
Der Schnitt war sehr gerade, vermutlich eine Messerschneide - Gartenzwicker, etc. Eine Heckenschere hätte mehr angerichtet.

Ein anderes Mal rannte eine Igeldame am Nachmittag quer durch unseren Garten, leicht hinkend. Sie hatte eine Verletzung mit Eiteraustritt am Hinterbein.
Einige Tage antibiotische Abschirmung (Baytril), Betaisodona-Fußbad 2xtgl und eine "saubere" Umgebung (Kiste mit Zeitungspapier und Küchenrolle) behoben das Problem schnell.

Verletzung an der linken Hinterpfote (Kralle schon entfernt), Madenbefall linkes Ohr

Ein anderer Igel hinkte ebenfalls unter tags durch einen Garten: Maden im linken Ohr (fielen erst bei genauerer Untersuchung auf), die linke Hinterpfote stark geschwollen und gerötet. Zunächst bekam er Baytril zur antibiotischen Abschirmung über 5 Tage, die Maden am, im und hinter dem Ohr wurden sofort entfernt.

Bei täglichem Verbandswechsel mit Betaisodona flüssig – Spülung und Betaisodona Salbe lokal floß jedoch weiterhin Eiter aus einer seitlichen Wunde, aus dem Bereich der entfernten Kralle und aus dem Ohr, die tägliche Gewichtskontrolle zeigte nach Zunahme am Beginn wieder einen Gewichtsverlust.

Vermutlich Bruch des Zehenknochens mit nachfolgender Eiterung, der vordere

Knochenanteil eiterte seitlich heraus, die Kralle kam nicht wieder, der Igel lief aber

nach der Gesundung super.

Daher stiegen wir auf Betamox Injektion (Penicillin) alle 48 Stunden 3x um. Ab da hörte der Eiterfluß auf und die Pfote begann bei täglichem Verbandswechsel zu heilen. Das Ohr behandelten wir am Anfang mit BetnesolNAugen/Ohrentropfen, erst die Kombination Otosporin Ohrentropfen und Aurizon (erst die Tropfen, nach der Versorgung der Hinterpfote Aurizon BEIDSEITS) brachten nach 2 Tagen 2xtgl verabreicht Heilung (dennoch 4-5 Tage weitergeben so möglich).

Verband an der Hinterpfote: Salbe, Pflaster (weißes),                               Fußbad 1xtgl  einige Minuten

darüber eine Lage hypoallergenes Leukofix

Von anfänglich 790g erreichte dieser Igel schlussendlich 960g und wurde nach 21/2 Wochen entlassen.

Man sollte das Abheilen der Wunde auf jeden Fall bis zum Vorhandensein einer winzigen Kruste abwarten.

Bei Pfotenwunden hilft auch ein Pflasterspray und kleiner Verband durch den Tierarzt. Bitte Verband wieder nach etwa 2 Tagen abnehmen, besser ist ein täglicher Wundverband!!

tiefe Rückenabszesse:

Sind kaum sichtbar, oft nur leicht verbeulter Rücken. Igel fällt durch tagaktives Verhalten (auch später Nachmittag möglich) und leicht verwirrtes Herumlaufen auf. Eventuell kaum Rolle, trockene Schnauze (normalerweise feucht und glänzend), Igel fühlt sich warm an.